Seit längerer Zeit bauen die Kinder der Schule während der Pausen im Werkraum mithilfe von Tischen, Stühlen, Tüchern und Schnüren die unterschiedlichsten Hütten und Höhlen.
Als Einstieg ins Thema „Steinzeit“ schilderte ich, wie die Steinzeitmenschen als Nomaden lebten, wie sie den Tierherden nachfolgten, wenn deren Weiden abgegrast waren, wie sie ihre Zelte abbrachen und sich schwer bepackt auf eine lange Wanderung begaben.
Die Kinder bekamen den Auftrag, die Hütte im Werkraum abzubrechen und auf der Wiese am Ufer des Sees wieder aufzubauen. Zuvor hatten sie eine Sippenchefin sowie einen Sippenchef zu wählen. Da die Kinder gewohnt sind, innerhalb der Kindergruppe, ohne Leitung einer Lehrperson, nach Lösungen zu suchen, stand die Sippenleitung innert kurzer Zeit fest.
Diese verteilte als erstes die anfallenden Arbeiten.
Innerhalb von 20 Minuten wurden die Kinder der Schule 3×3 zu Mitgliedern der Steinzeitsippe 3×3. Die Kindergruppe teilte sich in Untergruppen auf. Diese waren je besetzt mit Kindern, die sich am besten für die jeweiligen Aufgaben eigneten. Chefin, Chef ordneten an, die Kinder die emsig und eifrig die Befehle ausführten hiessen die Nützlichen und dann gab es die Kleinsten, die überall im Wege standen, diese waren die Kinder der Steinzeitsippe 3×3.
Die Hütte im Werkraum war bald in ihre Einzelteile zerlegt. Die Tücher wurden auf verschiedene Bündel verteilt und geschnürt. Natürlich standen keine Sehnen zur Verfügung. Bald stand die Sippe 3×3, beladen mit Stoffbündeln auf der Wiese am See, wo nach einem idealen Bauplatz gesucht wurde. Endlich einigte man sich darauf, an den weitausladenden Ästen einer Platane sowie am naheliegenden Maschenzaun die Schnüre festzumachen. Alle waren eifrig am Werk, auch die Kinder. Sie mussten Laub sammeln für den Boden des Zeltes.
Gegen Mittag war das Zelt beinahe fertig aufgebaut. Die Kinder bekamen die Erlaubnis, nach dem Mittagessen weiterzubauen und das Zelt einzuweihen.
Während des ganzen Mittagessens schauten die Kinder immer wieder aus den Fenstern des Personalrestaurants im Spital und beobachteten die Wolken. „Es ist gut, die Wolken kommen vom See her, also kommt auch der Wind aus derselben Richtung. Wenn die Tücher weggeblasen würden, so würden sie in den Gärten neben der Wiese landen und nicht im See.“
Die Kinder konnten ahnen, wie sehr die Steinzeitmenschen vom Wetter abhängig gewesen waren, wie wenig Sicherheit sie hatten, wie sehr sie dem Wetter ausgesetzt gewesen waren.
Die Mitglieder der Steinzeitsippe 3×3 waren sehr gespannt, ob die Tücher dem Wetter hatten standhalten können. Sie waren richtig erleichert, als eine Vorhut vorausrannte und rief, es sei alles in Ordnung. Auf dem Weg zurück zum neuen Lagerplatz hatte die Sippe angefangen Nüsse zu sammeln. In diesem Herbst lagen zum Glück viele Haselnüsse auf der Asylstrasse.
Anschliessend an diese erste grosse Aktion der Steinzeitsippe 3×3 führte ich eine Feedbackrunde durch.
Die Sippenchefin und der Sippenchef bewerteten die Arbeit aller Mitglieder.
Diese wiederum hatten die Möglichkeit das Verhalten der beiden Chefs zu beurteilen.
Gleich in dieser ersten Feedbackrunde wurde von den Nützlichen beklagt, dass eines der Kinder ihre Arbeit störe. Nachfragen bei diesem Kind führte zur Antwort:“ Ich will nicht zu den kleinen Kindern gehören.“
„Du störst!“
Diese Aussage liegt uns oft weit vorne auf der Zunge. Wenn wir aber genauer wahrnehmen, was eigentlich los ist, so kann sich ein Grund zeigen. Ein Kind ist seinem Platz innerhalb einer Gruppe entwachsen, er passt nicht mehr. Dieses Kind braucht einen neuen Platz, den es sich erringen kann, indem es zeigt, dass es das Können mitbringt.
Und eines Tages war es soweit. Für das Kind, das zu den Nützlichen gehören wollte, war der Tag der Prüfung da.
Die Sippenchefin und der Sippenchef versammeln die Sippe 3×3 auf dem Platz vor dem Zelt.
„Wir haben entschieden, dass dieses Kind heute eine Prüfung machen muss. Wenn es diese besteht, so wird es auch zu den Nützlichen gehören.“
Das erwähnte Kind tritt vor.
„ Du sorgst dafür, dass du Korn finden kannst. Die Sippe braucht dringend Brot. Du kannst das Korn gegen ein Stück getrocknetes Mammutfleisch tauschen.“
In Wirklichkeit wird das Kind in die Migros gehen, sich dort durchfragen, ob sie Weizenkörner im Angebot haben. ( wurde am Vortag durch den Sippenchef verifiziert), als Tauschgut nimmt der Prüfling Geldstücke mit.
Der Prüfling macht sich auf den Weg. Unterdessen geht das Leben in der der Steinzeitsippe 3×3 weiter. Die Kinder dürfen spielen, während die Nützlichen zum ersten Mal ohne die Aufsicht des Chefs im Werkraum einen wasserundurchlässigen Unterschlupf zu bauen haben.
Chefin und Chef bereiten einen Raum vor, in dem eine Feier stattfinden wird, falls der Prüfling seine Aufgabe erfolgreich abschliessen kann.
Nach einer halben Stunde öffnet sich die Eingangstüre. Voller Stolz hält der Prüfling einen Sack mit Weizenkörnern in die Höhe. Alle Mitglieder der Steinzeitsippe 3×3 strömen herbei und applaudieren.
Sie geleiten den Prüfling in den geschmückten Raum, wo er berichtet, wie es ihm ergangen ist.
Beim Überschreiten des Bahngleises hätte ihn die Stange der Barriere am Kopf getroffen, im Laden hätte er nach dem entsprechenden Gestell fragen müssen, das Paket mit den Weizenkörnern sei ganz zuoberst gestanden, er hätte es ganz allein heruntergeholt. Auf dem Rückweg sei ihm nicht Gefährliches mehr begegnet.
Feierlich wird der Prüfling in den Kreis der Nützlichen aufgenommen. Die tun ihm kund, dass sie sich sehr freuen, dass er nun auch zu ihnen gehöre.
Die Sippenchefin spricht zum Schluss:“ Wir werden dich genau beobachten, ob du gute Arbeit leistest, sonst musst zu zurück in die Kindergruppe “
Zum Abschluss der Feier gibt es kleine Schleckereien. Musik lädt zum Tanzen ein.