Altersgemischtes Lernen

25. März 2012

In der Schule 3×3 werden die Kinder in einer altersgemischten Lerngruppe unterrichtet. Jeden Tag, jede Stunde ja jede Minute bereichert mich diese Unterrichtsform. Es macht so viel Freude die Kinder in ihren unterschiedlichen Rollen zu beobachten. Das Mädchen aus der ersten Klasse soll auf einem Arbeitsblatt zu Ziffern die entsprechende Menge an Gegenständen zeichnen. Melanie hat gelernt, dass der Satz „Ich kann das nicht.“, in der Schule 3×3 nicht gilt. Sie bittet um Unterstützung, denn sie möchte nicht einfach drei Vögel zeichnen, sondern es müssen drei Adler sein. Also zeichnet Martin für Melanie einen Adler. Damit Melanie den Adler gut nachzeichnen kann, gibt ihr Martin Tipps, wie sie schön der Reihe nach vorgehen solle beim Abzeichnen. Es kommt gut heraus. Aljoscha zeichnet anschliessend für Melanie einen Delfin. Noch während des Zeichnens meint er, dass seine Art die Delfine zu zeichnen zu kompliziert sei. Er radiert den Körper und lässt nur den Kopf stehen.  Melanie zeichnet nun die Köpfe der Delfine.

 

Zwei Elstern

24. März 2012

„Ich habe gestern an der alten Landstrasse auf einem Baum zwei Elstern gesehen! Ich habe sie fliegen gesehen. Ich sah ganz deutlich, dass sie weiss sind und ein wenig blau habe ich auch gesehen“, berichtet mir Martin am Morgen ganz stolz. Auf dem Weg zur Turnhalle führte uns Martin auf einem kleinen Umweg zum hohen Baum. Alle blickten gespannt. Zum Glück hatte David den Fotoapparat bereits gezückt und er konnte den Anflug der Elster festhalten. Die Kinder konnten feststellen, dass das Gefieder wirklich auch die blaue Farbe enthielt. Am Vortag hatten sie nur anhand einer Beschreibung das Federkleid einer Elster angemalt. Eben flog ein zweiter Vogel heran. „Aha, die bauen ein Nest, ich sah, dass der Vogel etwas in seinem Schnabel trug. Das Nest hat noch keinen Boden, man kann noch durchsehen.“
Martin war sichtlich erleichtert und stolz, dass seine Entdeckung vom Vortag so viel Freude auslöste.

Ausschnitte aus Schülertexten

17. März 2012

Was kommt dir in den Sinn, wenn du an den schoolroom denkst? Zu dieser Frage schrieben die Kinder folgende Antworten:

Ich arbeite an meinem Platz konzentriert, sorgfältig und in gutem Tempo. Wir dürfen nur miteinander reden, wenn wir am green table mit dem Lernpartner sind oder wenn der Tisch in front of the shelf schräg steht. Ich fühle mich wunderbar im schoolroom, weil ich schon lange in der Schule 3×3 bin, weil ich alle Regeln kenne und weil ich mich sicher fühle.

Im schoolroom ist es immer ruhig. Ich arbeite sorgfältig und schreibe sorgfältig. Mit Interesse schreibe ich einen Text über das Monopolyspiel. Ich mache keine soziale Zeit, d.h. ich rede nicht grundlos mit andern Kindern. Im schoolroom fühle ich mich gut, weil ich vorwärts komme.

Ich denke an die Kinder und natürlich an Frau Baumgartner. Ich denke am meisten an mich und ich arbeite immer fleissig, aber auch schnell. Und das ist genau die Schule, die ich mir immer gewünscht habe.

Im schoolroom ist man leise. Man arbeitet konzentriert. Man rennt nicht, sondern man geht. Jetzt lerne ich das Einmaleins auswendig, weil ich es dann brauche für die schriftliche Multiplikation.

Ruhig arbeiten, sorgfältig arbeiten, Aufträge korrekt erfüllen, seinen Arbeitsplatz sauber halten, Blätter einordnen, sich um seine Arbeit kümmern, das alles mache ich im schoolroom. Ich fühle mich gut, weil ich konzentriert arbeiten kann.

Im schoolroom fühle ich mich gut. Ich finde es toll im schoolroom. Man muss leise sein. Der schoolroom ist ein ruhiger Ort.

„Da draussen sah ich eine Elster“

„Da draussen sah ich eine Elster“. Mit diesem Satz überraschte mich gestern während der Pause Dario und er zeigte auf einen Strauch in der Hecke vor den Räumen der Schule 3×3. Was ist an dieser Aussage erwähnenswert?

Am Montag wurde in der Naturkunde mit dem neuen Thema gestartet. Die Kinder werden über ein ganzes Jahr verteilt immer wieder im Park am See dieselben Pflanzen beobachten und ihre Entwicklung dokumentieren. In meiner Vorbereitung steht auch, dass die Kinder eine Karte der Umgebung erstellen werden, in welche sie das Vorkommen von Elstern eintragen können. Über dieses Vorhaben hatte ich mit den Kindern überhaupt noch nicht gesprochen und daher überraschte und erfreute mich diese Aussage. Das Phänomen „etwas liegt in der Luft“ habe ich bereits einige Male mit den Kindern erlebt. Es zeigt, dass Menschen untereinander stärker verbunden sind, als wir gemeinhin annehmen.

 

 

Die Kinder werden geführt

10. März 2012

In der Schule 3×3 werden die Kinder in einer altersgemischten Lerngruppe unterrichtet. Aktuell unterrichte ich Kinder der ersten, dritten und fünften Klasse. Da ist es klar, dass ich viele Abläufe gleichzeitig kontrollieren muss. Auch wenn ich mit einer kleineren Gruppe arbeite oder mit einzelnen Kindern, so behalte ich die Grossgruppe immer im Fokus. Ich bin jederzeit auf dem Laufenden was nahe oder ferner von mir abläuft. Dario führt zum Beispiel wöchentlich im corridor ein Fussballtraining durch mit Martin, während ich mit den andern Kinder im schoolroom bin. Beim letzten Mal tönte Dario’s Stimme bereits nach kurzer Zeit nicht mehr wie die eines Trainers, sondern wie die eines Kumpels. Anschliessend stellte ich ihn zur Rede. „Ich habe einen Match gemacht. Das mache ich jedes Mal zum Abschluss.“ Ich machte ihn aufmerksam, dass das korrekt sei, wenn er das zum Abschluss mache, doch dieser beginne sicher nicht bereits in der Hälfte des Trainings. Ich kommuniziere so den Kindern, dass ich jederzeit zuhöre, auch wenn sie es nicht unmittelbar merken. Und ich weiss, dass Dario und Martin in Zukunft auf diesen Aspekt achten werden, weil beide haargenau wissen, dass sonst das Fussballtraining für einige Zeit gestrichen sein würde.

Wenn ein Kind, welches noch nicht lange die Schule 3×3 besucht, sehr langsam arbeitet, dann kontrolliere ich nach Schulschluss seinen Tisch nicht nur so routinemässig, sondern eingehend. Der Tisch ist voller Spuren von Abfällen des Radiergummis oder die Bleistiftspitzen im Etui sind mit grossem Krafteinsatz weggedrückt worden. Ich sammle diese Fundstücke ein und schreibe einen Kommentar plus Auftrag dazu, den das Kind im Rahmen des Lernbaumkletterns zu erfüllen hat. Das betreffende Kind zieht die Konsequenz und vergeudet keine wertvolle Lernzeit mehr.

Jeden Morgen darf Melanie mit der Baumfigur  auf den Pult klopfen und rufen: „Baumzeit!“ Jedes Kind arbeitet nun bis zur Aufhebung des Kommandos eigenständig. Melanie, als Erstklässlerin erhält nun eine Einzelbegleitung. Bei allem was ich tue, ich bleibe  immer auf die ganze Gruppe konzentriert. Die Kinder fühlen sich sicher, weil sie immer und immer erfahren, dass ich mit verschiedensten Schwierigkeiten umgehen kann.
Während meiner Laufbahn als Lehrerin arbeitete ich über einen längeren Zeitraum mit einzelnen Kindern. Aber so richtig im Element bin ich, wenn ich eine altersgemischte Lerngruppe führe.

Ich bin verpflichtet mich zu erinnern

8. März 2012

Donnerstag, 8.3.12
Das war eine kleine Begebenheit mit grosser Wirkung. Nachdem ich der ganzen Lerngruppe einen Sachverhalt dargelegt hatte, stellte ich einem der Kinder eine Frage. Seine Antwort lautete:“ Ich habe nicht richtig zugehört.“ Seit diesem Tag sind die Kinder im Besitz eines Heftes mit dem Titel „Ich bin verpflichtet, mich zu erinnern.“ Anschliessend an meine Instruktionen müssen die Kinder aufschreiben, woran sie sich erinnern. Ich gebe ihnen genau den Inhalt vor. Ich zeige ihnen, wie die Ergebnisse bewertet werden. Ich bin sehr zufrieden mit dieser Massnahme auch wenn sie Mehrarbeit bedeutet, denn die Kinder müssen ihre Texte vervollständigen und überarbeiten bis er den Vorgaben entspricht.

 

Eine schöne Art, Zeit zu verbringen

6. März 2012

Dienstag, 7.3. 12
Der Betrieb in der Schule 3×3 verläuft immer sehr ruhig. Doch zweimal täglich ist es absolut ruhig in den Schulräumen. Alle legen sich hin zu einer Liegepause. Ab und zu frage ich die Kinder nach ihren Erfahrungen mit der Liegpause. So auch heute. Und das sind die Beiträge der Kinder:
„Es ist eine schöne Art, Zeit zu verbringen. Ich kann frei liegen. Ich muss mich um nichts kümmern. Ich kann die Augen schliessen, denn die haben sonst immer viel zu tun. Ich kann vergessen was war und dann kommt etwas Neues. Ich entspanne und fahre herunter, besonders nach der Pause. Wenn ich entspannt bin, denke ich gerne wieder vorwärts und an das, was kommt. Ich finde die Liegepausen sehr gut. Ich habe sie gerne.“